Donnerstag, 31. März 2011

Haben wir in den vergangenen Wochen etwas über unsere politische Elite gelernt?

In Japan kommt es nicht nur zu einer entsetzlichen Naturkatastrophe, sondern in der Folge steht ein Kernkraftwerk mit vier Blöcken kurz vor dem "Super-Gau".

Man könnte annehmen, die Welle des Tsunami ging ungebremst durch den Bundestag und spülte die Regierungs-Parteien ordentlich durch. Gehen wir mal für 5 Minuten davon aus, Politik ist das vernünftige Abwägen von unterschiedlichen Interessen und Bedürfnissen. Wie ist es möglich, dass eine derart brisante Entscheidung wie die Laufzeitverlängerung unserer ältesten Kernkraftwerke innerhalb weniger Stunden zur Disposition steht? Ich möchte nun gar nicht über die Glaubwürdigkeit von Parteien sprechen, wohl aber von Verantwortung. Obwohl die FDP einer der glühenden Verfechter der Notwendigkeit von Atomkraftwerken war, lesen wir nun, nicht einmal 4 Tage nach der Wahlohrfeige folgende Sätze vom FDP-Generalsekretär Christian Lindner:

"Bei manchen Anlagen werden sich ja ohnehin Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsfragen stellen, ...", "Sonst dürfte der Staat nicht die Haftung für deren am Markt nicht versicherbare Risiken mit übernehmen.", "Nach den apokalyptischen Bildern aus Japan müssen wir aber neu abwägen und kommen bei der Bewertung der Risiken der Technologie zu anderen Ergebnissen als zuvor."
Geht das nur mir so, oder fragen sich noch mehr "Was hat sich für unsere Kernkraftwerke den nun durch Japan verändert?". Weder die Sicherheit noch die Risiken können sich verändert haben. Was aber hat sich den verändert? Wie wäre es schlicht mit Prioritäten?
"..., aber politische Führung sollte Ängste ernst nehmen. Sonst verliert sie irgendwann ihren Führungsanspruch."
Die Aufgabe sollte schon vorher beginnen, politische Führung sollte durch umsichtiges Abwägen und Handeln besser keine Ängste aufkommen lassen. Dass diese Entscheidung nicht auf Ihre "Verträglichkeit" für die Bürger geprüft wurde, zeigen die letzten Wochen deutlich. Deutschland war noch nie ein Atom-Land, immer schon gab es eine nicht unerhebliche Ablehnung!
 "..., aber Energiepolitik der Grünen ist technisch und finanziell unmögliches Wunschdenken.", "Aber wir wollen Kernkraftwerke abschalten und nicht die Vernunft."
Ist das dieselbe Vernunft, die vor kurzem noch die alten Meiler am Netz lassen wollte? Da lobe ich mir dann doch "beherztes" Anpacken, solange die Richtung klar ist. Vielleicht hätte man auf dem Weg gesehen, dass es länger dauert - Gut! Viele Prozesse gewinnen aber "unter Druck" auch eine positive Eigendynamik! Wäre es so schlecht, wenn wir die Nation wären, die den Ausstieg vorgemacht hat und nun diese Technik exportieren kann?
"Die zunächst geplante Verlängerung der Laufzeiten sollte ja eine dämpfende Wirkung auf die Strompreise haben. Dieser Dämpfungseffekt wird durch einen schnelleren Ausstieg reduziert. Die Stromerzeugungskosten machen aber nur einen kleineren Teil des Endkundenpreises aus, erst die Margen, Steuern und Abgaben machen bekanntlich den Strom teuer."
Verstehe ich das richtig, die Verlängerung von brandgefährlichen Atomkraftwerken sollte lediglich einen kleinen Teil des Endpreises dämpfen? Ziemlich weichgespülte Aussagen!?
"Eines der zentralen Ziele unserer Energiepolitik ist es, den Industriestandort zu stärken. Das war ein Grund für die Laufzeitverlängerung."
Danke, diese Aussage glaube ich sofort! Die Laufzeitverlängerung sollte nur dem Wachstum dienen und das Moratorium sollte lediglich das Volk beruhigen. (Quelle der Aussagen: http://www.liberale.de/Pressemitteilungen/2980c202/index.html?id=15234)

Mein Fazit ist, ich glaube der FDP kein einziges Wort. Wer derart offensichtlich sein Fähnchen in den Wind hängt, hat nichts in einer verantwortlichen Position zu suchen. Für den Fall, dass in der Regierung nun nach Fukushima wirklich mal jemand seine Hausaufgaben gemacht hat, wird es bei weitem nicht besser. Wer eine derartige und verheerende Katastrophe braucht um aufzuwachen, hat auch nichts in der Regierung eines demokratischen Landes zu suchen. Sollten wir irgendwann das Wahlrecht aufgeben und nur noch die Industrie und Wirtschaft abstimmen lassen, sehe ich eine große Zukunft für die FDP.

Witzig ist doch, ich habe noch nie so oft das Wort "Demut" aus dem Munde von Politikern gehört. Wenn aber auch nur einer glaubt, dass diese Demut mal zu einer Reflektion des eigenen Handelns führt - Fehlanzeige!

Die Ereignisse in der Welt sind für dieses Wahlergebnis verantwortlich! Glaubt die Politik wirklich, dass wir Deutschen derart matt im Hirn sind? Dieses Wahlergebnis ist das Ergebnis der Arbeit der Parteien, welche sich zur Wahl gestellt haben. Ist es wirklich so schwer zu analysieren, dass es nicht gut beim Wähler ankommt, wenn er zu Gunsten der Volkswirtschaft verkauft wird? Wenn Entscheidungen im "Gleichgewicht" sind, gibt es keine Probleme mit Bürgern! Demütig wäre mal eine Aussage wie: "Wir haben bei unseren Entscheidungen die Risiken der Atomkraft vollkommen unterschätzt, weil wir unseren Fokus nur auf die Wünsche der Wirtschaftslobbyisten gesetzt haben. Die Laufzeit dieser derzeit abgeschalteten Meiler zu verlängern war ein großer Fehler und deshalb wird dieser Fehler nun Rückgängig gemacht!

Vielleicht sind die Pläne von Rot/Grün ja noch nicht ganz "perfekt" gewesen, aber CDU und FDP haben es ja noch nicht einmal versucht und genau dafür haben sie jetzt berechtigter Weise die Quittung bekommen. Was ich nur zutiefst bedauere, dass dafür in Japan so viele Menschen sterben mussten und sich die Überlebenden mit den Auswirkungen dieser Atomkatastrophe konfrontiert sehen. 

Vielleicht sollte mal nicht vergessen werden, die Sperrzone um Tschernobyl  ist 4300 km² groß und erfasst einen Radius von 35km um den havarierten Reaktor. Bei der Risikoabschätzung mag vielleicht schon helfen, mal diesen Kreis um jeden Atomreaktor in Europa zu ziehen und zu überprüfen, wie schnell dieses Gebiet überhaupt evakuiert werden könnte.

Angemerkt: Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hat mit Sicherheit genau das gesagt, was er gedacht hat. Vorstellbar ist zwar, dass es sich dabei lediglich um seinen subjektiven Eindruck gehandelt hat. Als Kernkraftbefürworter war er sicherlich sauer über diese, in seinen Augen unsinnige Entscheidung. Aber diese kindischen Versuche, uns vormachen zu wollen, er wäre falsch protokoliert oder ihm sei gar übel mitgespielt worden zeigen schon wieder wie es um unsere jungen polierten Hochschul-Politiker bestellt ist. Ich bin Herrn Brüderle für diese Aussage dankbar, sie war zwar sicherlich unpassend, aber dafür aus tiefsten Herzen ehrlich! Er ist mal mit Sicherheit der Einzige, der dem anstehenden Ellbogengerangel um die Verantwortung in der FDP nicht zum Opfer fallen sollte. Ich mag Politiker die Sagen was sie denken, und nicht solche die überlegen was von ihnen erwartet wird.

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