Samstag, 12. Februar 2011

15 Monate harte Arbeit und alles für die Katz ...

Es ist nicht möglich über das Thema Fluglärm oder Flugrouten zu diskutieren, ohne nicht auf die Mediation zu sprechen zu kommen. Aber was genau war diese Mediation, wer hat daran teilgenommen und so weiter. Schnappen wir uns doch mal die Dokumentation (Mediation Frankfurt Leitfaden 2000) der Mediation und versuchen unsere Fragen zu klären!

Beginnen möchte ich allerdings beim Ergebnis der ganzen 15 monatigen Arbeit, die berühmten 5 untrennbaren Punkte der Mediationsrunde!

Anti-Lärm-Pakt, Ausbau, Nachtflugverbot, Regionales Dialogforum, Optimierung

Zu diesen Punkten gab es aber noch eine Erläuterung:
„Die Mitglieder der Mediationsgruppe waren sich einig, dass die fünf Teile des Paketes untrennbar miteinander verknüpft seien. Das heißt, wer einen Teil herauslöst, kann sich nicht mehr auf das Ergebnis des Mediationsverfahrens berufen.“
Und
„Ziel war es, mit den fünf verschiedenen Forderungen des Pakets die unterschiedlichen Ansprüche aller an dem Verfahren beteiligten Personen beziehungsweise Institutionen ausreichend zu berücksichtigen und miteinander in Einklang zu bringen. Die Gruppe einigte sich darauf, keine Empfehlung zu einzelnen
Ausbauvarianten abzugeben. Die Mitglieder der Mediationsgruppe waren aber damit einverstanden, dass die drei Mediatoren ihre Meinung zu einzelnen Varianten in einer gesonderten, nicht abgestimmten Erklärung niederlegten. Auch diese Erklärung findet sich im Endbericht der Mediationsgruppe wieder.“
Bedeutet das jetzt aber nicht, dass sich Landesregierung nicht mehr auf das Mediationsverfahren berufen kann? Was wollten die Teilnehmer der Runde uns Bürgern den damit sagen? Vielleicht, wenn irgendein Schwachkopf auf die Idee kommen sollte einen dieser Punkte nicht umsetzen zu wollen, sind auch alle anderen Punkte nicht mehr Konsens sind? Das ist mal wieder so eine Aussage, die sich schön anhört und alle beruhigt, aber im Endeffekt keinerlei Wirkung hat. Wie sieht es den derzeit aus? Das Land Hessen klagt gegen den Kompromiss mit seinen Bürgern und der Anti-Lärm-Pakt wird gerade ad absurdum geführt, aber der Ausbau läuft und die Inbetriebnahme ist rechtlich wohl auch nicht zu stoppen. Welchen Sinn soll den nun die Arbeit der Mediationsmitglieder gehabt haben? Also ich würde mich schwarz Ärgern, wenn ich hier 15 Monate Energie verschwendet hätte!

Vielleicht verstehen wir die Punkte ja auch nur falsch, was haben sich die Mitglieder der Mediationsgruppe den zu den einzelnen Punkten gedacht.
Optimierung
„Die Mediationsgruppe fordert, dass die Flughafen Frankfurt Main AG (FAG), die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) und die verschiedenen Luftverkehrsgesellschaften „alle vorhandenen Möglichkeiten zur Optimierung des Flugverkehrs in der Luft und am Boden ausschöpfen“
 Fraglich, wie dieser Punkt überwacht werden soll. Eine Forderung ohne Kontrolle – ach nee!
Kapazitätserweiterung durch Ausbau
„Die Mediationsgruppe hält einen Ausbau des Frankfurter Flughafens für erforderlich, da sie ihm eine wichtige ökonomische Bedeutung beimisst.“

Nachtflugverbot
„Eine Zunahme der Flugbewegungen bringt auch eine Zunahme der Lärmbelastung mit sich. Die Ergebnisse der Lärmwirkungsforschung und von Befragungen der Anwohner um den Frankfurter Flughafen zeigen, dass es besonders wichtig ist, in der Nacht Fluglärm zu vermeiden. Daher hat die Mediationsgruppe dem Schutz der Nacht Priorität eingeräumt. Sie hält die Einführung eines Nachtflugverbots für unabdingbar. Dieses Nachtflugverbot soll sich auf den Zeitraum von 23 bis 5 Uhr erstrecken. Dazu heißt es im Endbericht: „Das Nachtflugverbot erfordert die Verlagerung der in diesen Nachtstunden stattfindenden Post-, Frachter- und Charterflüge.“
Wer erinnert sich noch an die Aussage von unserem 17-Flüge-Nachtflugverbot-Dieter? Hier hört sich das doch irgendwie anders an, wichtig und erforderlich ist der Ausbau, aber dem Schutz der Nacht wird die Priorität gegeben. Und das ist wohlgemerkt Beschluss der Mediationsrunde!
Anti-Lärm-Pakt
„In Anlehnung an die Ergebnisse der Arbeiten zur Lärmwirkung und der Lärmbelastung um den Frankfurter Flughafen hat die Mediationsgruppe für den Tag ein „Schutzkonzept Lärm“ verabschiedet. Darin empfiehlt sie Regelungen für einen „Vorsorgewert“ mit einem Dauerschallpegel (Leq) von 60dB(A), einen „Schwellenwert“, Leq von 62dB(A), und einen „Alarmwert“, Leq von 65dB(A).“
„Schutzkonzept Lärm“ für den Tag? – Nöö klar, dass natürlich die Verfahren hierzu in der Kernnacht getestet werden. Priorität Schutz der Nacht und die Maßnahmen Expertenkommission „Aktiver Schallschutz“ aus dem Anti-Lärm-Pakt werden genau in der schutzwürdigsten Zeit über bewohntem Gebiet getestet. Möchte einer der Herren mal versuchen, mir das zu erklären?
Regionales Dialogforum
„Die Mediationsgruppe empfiehlt im fünften Teil ihres Paketes, den Dialog mit der Region, wie er mit dem Mediationsverfahren begonnen wurde, fortzuführen und zu intensivieren. Dieses „regionale Dialogforum“ sollte nach Ansicht der Gruppe unter anderem folgende Aufgaben
wahrnehmen:
- Ausgestaltung des Nachtflugverbots und des Anti-Lärm-Paktes;
- Monitoring von Luftverkehr und Lärm
- Diskussion von Fragen zur Entwicklung des Flugverkehrs und der ökonomischen Entwicklung des Flughafens;
- Aushandlung und Überwachung der freiwilligen Selbstverpflichtung der FAG;
- Controlling der Umsetzung des Mediationspakets.“
Hier bleibt bei mir ein großes Fragezeichen, was gibt es an einem Nachtflugverbot von 23 – 05 Uhr auszugestalten? Ist doch ganz einfach, 22:59 fliegt er und 23:01 fliegt er nicht.

Man kann also zusammenfassen, der Ausbau des Flughafens ist sinnvoll, aber die Mediationsmitglieder haben diesem Punkt vier Punkte entgegen gestellt, um die Belastungen der Bürger einzudämmen! Kein schlechtes Ergebnis, könnte man denken. Daraus lässt sich glasklar die Aussage ableiten: Der Flughafenbetrieb macht Lärm und hat für diese Belastung die alleinige Verantwortung!

Aber wer waren den nun diese Menschen, die sich über 15 Monate die Köpfe heiß geredet haben. Ich darf Ihnen vorstellen, die Mitglieder der Mediationsgruppe.
  • Becker, Herbert (Vorstandsbeauftragter für externe Kontakte, Flughafen Frankfurt Main AG)
  • Becker, Karl Eugen (Landesverbandsleiter, Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, Landesverband Hessen)
  • Benz, Peter (Oberbürgermeister Stadt Darmstadt)
  • Bonneß, Rüdiger (Leiter Unternehmenskontakte, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH)
  • Borretty, Ingrid (Stadträtin für Umwelt, Verkehr u. Soziales, Stadt Offenbach)
  • Brehl, Bernhard (Bürgermeister, Hessischer Städte- und Gemeindebund/Stadt Mörfelden-Walldorf)
  • Diehl, Hildebrand (Oberbürgermeister Landeshauptstadt Wiesbaden)
  • Dott Dr., Klaus Bernhard (Mitglied des Präsidiums Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände)
  • Engisch, Erhard (Bürgermeister Stadt Kelsterbach)
  • Gaebges, Martin (Generalsekretär* BARIG Board of Airline Representatives in Germany e.V.)
  • Güttler, Klaus-Peter (Leiter der Verkehrsabteilung Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung) *Dieser wollte aber auch noch ein Nachtflugverbot nahe Null!
  • Haas, Herbert (Bürgermeister Stadt Raunheim)
  • Mayer, Wenzel (Leiter der Immissionsschutzabteilung Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten)
  • Müller, Richard (Vorsitzender Offenbacher Vereinigung gegen den Fluglärm e.V.)
  • Pompe, Viktor (Koordinator für Flughafenangelegenheiten Deutsche Lufthansa AG)
  • Quilling, Dirk-Oliver (Bürgermeister Hessischer Städte- und Gemeindebund/Stadt Neu-Isenburg)
  • Riediger, Gernot (Stv. Leiter des Referates LS 11 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen)
  • Schaub, Gerold (Bezirksleiter ötv Hessen, DGB Landesbezirk)
  • Vandreike, Joachim (Bürgermeister Stadt Frankfurt a.M.)
  • Vollrath, Ewald (Ausschüsse Verkehr, Tourismus, Außenwirtschaft IHK Frankfurt a.M.)
  • Wolf, Dieter (Bürgermeister Stadt Flörsheim a.M.)
Bei den Firmen Lufthansa und Fraport (ehem. FAG) sind wohl die Unterlagen verloren gegangen, oder warum kann sich keiner mehr an die Ergebnisse erinnern. Vielleicht bestand aber auch damals schon der Gedanke, dass man dieses Ergebnis durchaus noch „auslegen“ kann, wenn der Neubau erst einmal begonnen hat? Im Übrigen, diese Runde ist doch sicherlich etwas "ausgewogener, als die Experten des FFR!

Was man auch sehr deutlich sieht, ist eine gute Vertretung der Stadt Offenbach. Immerhin eine Stadträtin und eine Bürgerinitiative waren dabei. Ob die sich damals schon hätten träumen lassen, auf was für Ideen zukünftige Stadträte alles kommen würden? Denn Verteilung von Lärm wurde in dieser Runde auch diskutiert.

Flugrouten
„Ein wichtiges Thema der Diskussion über die Flugrouten war, ob diese gebündelt oder gestreut werden sollten. Im Protokoll des Hearings wurde dazu festgehalten: „Die Mehrheit der anwesenden Experten spricht sich für eine Bündelung der Routen aus, es werden jedoch auch Einwände geltend gemacht. In jedem Fall müssen mit einer Bündelung entsprechende Maßnahmen (Schallschutz, Kompensation) verbunden sein.“ Eine Bündelung der Flugrouten bündelt auch die Lärmbelastung. Eine kleinere Zahl von Menschen wird besonders stark belastet. Bei einer Streuung würde der Lärm auf mehr Menschen verteilt, die Belastung jedes einzelnen wäre aber geringer. Die Frage, wo die Zumutbarkeitsgrenze liegt, wurde diskutiert, aber nicht abschließend beantwortet. Die Mediationsgruppe stellte zu dem Thema fest: „Zum Schutz von bestehenden Siedlungen sind die Flugverfahren so zu wählen, dass erhebliche Belästigungen und gesundheitliche Schädigungen der Menschen im Umfeld des Flughafens weitestgehend vermieden werden. Das bedeutet zuerst, dass Fluglärm abseits der Siedlungen auf sogenannte „minimum noise routes“ zu bündeln ist, wo keine Menschen unzumutbar belastet werden können. Auf die Einhaltung dieser Flugrouten ist besonders zu achten.“

Ein weiteres Diskussionsthema waren mögliche Vorkehrungen, die sicherstellen könnten, dass lärmoptimierte Flugrouten („minimum noise routes“) besser eingehalten würden. Zur Debatte standen technische Instrumente und Verfahren und eine intensivere Überwachung der Flugwege in Kombination mit Bonus- oder Malus-Systemen. Zu NIROS, dem „noise impact reduction and optimization system“, erstellte die DFS ein Papier (siehe E-V11e). NIROS ist ein Programm, das den Schallpegel der Triebwerke eines Flugzeugs berechnet und mit der Topographie vor Ort sowie der Bevölkerungsdichte überlagert. Damit wird ein Belastungsmaß ermittelt. Mit Hilfe eines Optimierungsalgorithmus wird dann versucht, die Route innerhalb eines Korridors zu finden, die zu dem geringsten Belastungswert führt.“
Und
„Die Untersuchungen von Dr. Kastka ergaben unter anderem: Wenn Anwohner sich über ein Überflugereignis beschweren, dann ist dieses Ereignis regelmäßig mehr als doppelt so laut wie der Durchschnitt der Lärmereignisse. Der wesentliche Anlass für einen Beschwerdeanruf ist die Lautstärke des Flugzeugtyps. Eine wichtige Rolle spielen zudem Abweichungen vom vorgesehenen Kurs, der Abstand der Anwohner vom vorgesehenen Flugpfad und die Überflughöhe (siehe E-Ö4).

Die Mediationsgruppe kam nach der Auswertung des Gutachtens von Dr. Kastka zu folgenden Schlussfolgerungen:
1. „Die Flugpfade sollten so gelegt werden, dass ein seitlicher Abstand von der nächsten Wohnbebauung von 500 bis 1.000 Meter sichergestellt ist.
2. Zur Entlastung der Bevölkerung sollte – neben passivem Schallschutz – die Belastung in den Tagesrandzeiten (morgens und abends) begrenzt werden, um die Nutzung von Außenbereichen zu erlauben.
3. Von besonderer Bedeutung für die Entlastung der Bevölkerung ist die Aussonderung besonders lauter Maschinen (Militärmaschinen, Chapter- II-Maschinen, Jumbos) und dies vor allem in der Nacht und in den Tagesrandzeiten.
4. In der Nacht und den Tagesrandzeiten sollte neben den genannten Flugzeugtypen auch die Anzahl der Maschinen des Typs Airbus 340 reduziert werden.“

Zumindest diese Damen und Herren hatten mit dem St. Florians Prinzip mal nicht viel am Hut. Aber wohne ich nun unter einer nicht ganz sauber „lärmoptimierten“ Flugroute? Also gestern Abend hätte ich vier testfreudige Piloten, wovon einer durch seine Mitarbeit bei diesem Paket bekannt ist, definitiv auf den Hintern schauen müssen, wenn die in einer Glasgondel sitzen würden. Was bekanntlich bei einem seitlichen Abstand von 500 bis 1000 Metern unmöglich ist, zumal ich nicht am Rande der Bebauung wohne.  

An dieser Stelle allen Piloten, die gerne die Abwechslung beim Anflug genießen, schön dass ihr Euch gestern nicht an die Route gehalten habt, auch wenn Stanly Track mal passend außer Funktion war und am nächsten Tag die Route wieder stimmte, weil Ihr seid damit mittig über eine Messstation gekachelt! *LOL*

Zu welchem Schluss sollen wir denn nun kommen? Die Mediation eines solchen Themas war ein netter Versuch, wurde aber leider im nach hinein durch die Politik korrumpiert. Also muss man wohl sagen – der Versuch ist wohl gescheitert! 

Schade liebe CDU in Hessen, das war echte gelebte Demokratie! Ich hoffe nur, Ihr bekommt bei der nächsten Wahl Eure Packung!  

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