Mittwoch, 16. März 2011

Schreiben an die DFS aus Rheinhessen


Folgendes Schreiben ging von den "Initiativen Fluglärm in Mainz und Rheinhessen" an die DFS.
Da ich es für sehr beachtenswert halte, möchte ich es hier veröffentlichen. Wichtig ist gerade dieser Hinweis, dass die DFS keinen gesetzlichen Auftrag hat, bestimmte Mengen an Flugbewegungen abzufertigen oder auf die Wirtschaftlichkeit zu achten. Gerade die "Wirtschaftlichkeit" war auch schon einmal Thema in einem Schreiben, welches ich von der DFS erhalten habe.

Der Brief:
Fluglärm über Mainz und Rheinhessen

Sehr geehrter Herr Kaden,
die Initiativen Fluglärm in Mainz und Rheinhessen unterstützen die wesentlichen Aussagen eines Ihnen bereits mit Datum vom  22. Februar 2011 zugegangenen Schreibens in Sachen Flugrouten und zu vermeidender Südumfliegung.  

Nach § 27c (1) LuftVG ist es die Aufgabe der DFS den Luftverkehr sicher, geordnet und flüssig abzuwickeln. An keiner Stelle des Luftverkehrsgesetzes ist eine Verpflichtung der DFS zu finden, eine bestimmte Menge an Verkehr zu steuern oder auf die Wirtschaftlichkeit zu achten.
Andererseits finden sich in den auch für Sie geltenden Gesetzestexten eine ganze Reihe von Vorschriften, in denen es zur Aufgabe der Flugsicherung gemacht ist, unzumutbare und vor allem vermeidbare Lärm- und Schadstoffbelastung zu vermeiden.
§ 29b (1) LuftVG: „Flugplatzunternehmer, Luftfahrzeughalter und Luftfahrzeugführer sind verpflichtet, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn dies erforderlich ist, um die Bevölkerung vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Lärm zu schützen. Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen.“
§29b (2) LuftVG:Die Luftfahrtbehörden und die für die Flugsicherung zuständige Stelle haben auf den Schutz der Bevölkerung vor unzumutbarem Fluglärm hinzuwirken.“
Es geht daher nicht nur um unzumutbare Belastung, sondern besonders auch um die vermeidbare Lärm-Belastung. Jede vermeidbare Lärm-Belastung ist natürlich unzumutbar.

Damit ist das gesamte Flugführungssystem der DFS, sowohl im Bereich des Anfluges als auch des Abfluges in Frage zu stellen.

Im Bereich des Abfluges verlangt der §22(1)Ziff12 LuftVO
Wer ein Luftfahrzeug auf einem Flugplatz oder in dessen Umgebung führt, .... ist verpflichtet nach dem Start unter Beachtung der flugtechnischen Sicherheit so schnell wie möglich Höhe zu gewinnen;
Durch die Gestaltung des Luftraumes durch Ihr Unternehmen werden die Piloten gezwungen, gegen diese Vorschrift zu verstoßen. Bereits wenige Sekunden nach dem Abheben (ca. 45 Sekunden) wird die Triebwerksleistung zurück genommen (Cut Back), obwohl alle Triebwerke heute in der Lage sind, die maximale Leistung im Dauerbetrieb zu erbringen. Auch die Beschränkung der Abfluggeschwindigkeit die „Vertikale Optimierung“ ändert hier nur wenig, da der sich daraus ergebende Höhengewinn schon nach kurzer Strecke wieder aufgebraucht ist.

Es ist daher zu fordern, dass Ihr Unternehmen den startenden Flugzeugen die Möglichkeit einräumt, ihre maximale Triebwerksleistung in Höhe umzusetzen, wie es der §22(1)Ziff12 LuftVO vorschreibt und dabei besiedelte Gebiete zu umfliegen, so lange sich das Flugzeug unterhalb 10.000 fuss befindet. Eventuelle Sicherheitsfragen sind dadurch zu lösen, dass die startenden Flugzeuge im dreidimensionalen Luftraum von den anfliegenden Flugzeugen getrennt werden.

Ähnlich unverständlich stellt sich die Gestaltung der Anflugprozeduren dar. Die Flugzeuge werden sehr früh auf eine Ebene zwischen 5.500 und 3.500  fuss heruntergeholt und in endlose Warteschleifen aus Gegenanflug und Voranflug geschickt, die bei hohem Verkehrsaufkommen auch noch in Form von sog. Lastenausgleichsrouten den abfliegenden Verkehr kreuzen. In dem schmalen Höhenband von nur 600 Metern (2.000 Fuß) werden die Flugzeuge im Gegenanflug bis zu 50 Kilometer in die Gegenrichtung geschickt, dann im Voranflug diese 50 Kilometer wieder zurück fliegen, um ca. 16 Kilometer vor der Landeschwelle auf den Landeleitstrahl zu stoßen. Da diese Strecke mit einer vorgegebenen Geschwindigkeit zwischen 290 und 370 km/h (160 – 200 Knoten, Herr Völkel am 22.9.2010) zu fliegen ist und daher zusätzliche Auftriebshilfen und erhöhte Triebwerksleistung einzusetzen sind, stellen diese Überflüge in einer Höhe von zum Teil unter 1.000 Meter ü.Gr. durch Lärm und Schadstoffe ein besonderes Ärgernis für die Bevölkerung und einen eklatanten Verstoß gegen den §29b dar.

Es ist daher zu fordern, dass wartende Flugzeuge oberhalb von 4.000 Metern zu halten sind. Eine Sortierung kann dadurch erfolgen dass den Flugzeugen verschiedene Holding-Stacks zugeordnet werden, aus denen die Flugzeuge so abgerufen werden, dass sie nur durch die Schwerkraft im Gleitflug (CDA) den Landleitstrahl anfliegen. Unterschiedliche Flug- und Sinkgeschwindigkeiten werden durch engere oder weitere Kurven ausgeglichen. Dieses Verfahren wird seit Jahren in London praktiziert und kann von allen Piloten geflogen werden, die heute auch London anfliegen. Mit diesem Verfahren werden in London auf dem Zwei-Bahnen-System mehr Bewegungen abgewickelt als in Frankfurt mit dem Drei-Bahnen-System.

Das in Frankfurt von der DFS eingeführte CDA-Verfahren in der Nacht hat den Nachteil, dass die Flugzeuge aus dem „Trichter“ wie auf der Perlenschnur aufgereiht im Geradeausflug den Leitstrahl anfliegen. Dabei sind die unterschiedlichen aerodynamischen Eigenschaften nicht auszugleichen, was größere Sicherheitsabstände verlangt - der Grund für die Kapazitätseinschränkungen.

Darüber hinaus möchten wir Sie noch auf einen Sachverhalt aufmerksam machen.
Herr Biestmann sagt in seiner Präsentation am 25.01.2011 auf Seite 3 unter dem Thema Planungsauftrag:
„Um die im Rahmen des PFV für den Planungsfall geforderte Kapazität zur Verfügung zu stellen, wird eine stufenweise Verlagerung der Abflüge von der Piste 25C (Piste 25L) in Richtung Nord-West (z. B. TABUM) hin zur Südumfliegung vorgesehen.“
Wir dürfen Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie einen gesetzlichen Auftrag haben. Dieser Auftrag ist in §27c(1) LuftVG eindeutig beschrieben. Sicher, geordnet und flüssig – ist Ihre Aufgabe und hinzu kommt der Schutz der Bevölkerung aus §29b LuftVG. An eine planfestgestellte Anzahl von Bewegungen sind Sie nach derzeitiger Gesetzeslage eben so wenig gebunden, wie Sie an die prognostizierten Flugrouten im Planfeststellungs-Antrag der Fraport gebunden sind.

Ist ein sicherer, geordneter und flüssiger Betrieb bei dem vorgeschriebenen Schutz der Bevölkerung vor vermeidbarer Lärmbelastung mit den gewünschten Verkehrszahlen nicht möglich, ist der Verkehr auf die Kapazität zu beschränken, welche die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben ermöglicht. 

Mit freundlichen Grüßen
i.A. Dietrich Elsner


P.S. Dieses Schreiben geht gleichzeitig in Kopie an die Politik und die Presse.

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